Katingsiel


Katingsiel war bis zum Bau des Eidersperrwerkes ein kleiner Hafen. Allerdings spielte der Hafen historisch als Seehafen an der Eider am Ausgang des Süderbootfahrt-Kanals eine regional nicht unwichtige Rolle.  

Im Übergang vom 16. zum 17. Jh. erfuhr Eiderstedt einen deutlichen Wirtschaftsaufschwung. Der katholischen Glaubensverfolgung unter Herzog von Alba in den jungen Niederlanden entfliehende Protestanten aus Holland fanden Asyl und Wirtschaftsrechte im südlichen Nordfriesland. Sie brachten Facharbeitskraft für verbesserte Entwässerungstechniken und landwirtschaftliche Neuerungen in die Dreilande, des später zusammengefaßt als Eiderstedt bezeichneten Gebietes.

Trotz der damit einhergehenden deutlichen Bevölkerungszunahme konnte der Produktionsüberschuß durch die mitwachsende Produktionskraft und -kenntnis hierdurch vermehrt werden, so daß nun deutliche Überschüsse als Export verkauft werden konnten.

Besonders die Gründungen von Meiereien zur Erzeugung von Milchprodukten (Käse !) führten zu neuen, begehrten Exportgütern. Aber auch die Ausfuhr von Vieh, Pferden dürfte bedeutend gewesen sein, ebenso wie die damals und noch über lange Zeit bedeutende Getreideerzeugung.
 
GetreideExport 1615
Roggen15000 t
Hafer 14000 t
Weizen 2000 t
(nach Jürgens (1914))

Die Schafzucht wurde für die Wollproduktion betrieben und lieferte auch Überschüsse, so wurden z.B. im Jahr 1624 rund 13 000 Pfd. Wolle in den Export gegeben. Eiderstedt wurde zur wohlständigen Exportregion.

Bis dahin gab es in Eiderstedt, vorwiegend an der Eider, nur eine Zahl kleinerer Häfen: Tönning, Katingsiel, Harblek, Saxfähre, Hülk, Ehstensiel, Süderhöft. Im Norden Sieversfleth und vorwiegend für den Handel mit Alt-Nordstrand Uelvesbüll, Simonsberg. Ein weiterer kleiner Hafen bestand am Siel von Westerhever.

Der Warenhandel hatte aber einen solchen Aufschwung genommen, daß der Bau schiffbarer Kanäle erforderlich wurde. 
Boote und Schiffe waren schnelle Verkehrsmittel und im Transportvolumen konkurenzlos, das wichtigste Transportmittel für Nahrungsmittel und Massenfracht und die beste Basis für den Außenhandel einer Region. Die typischen Schiffe waren breitbodige Frachtsegler mit Längen bis etwas über 20 m, oft aber kürzer. Seitenruder, wie später beim Ever, kamen auf. Der Typ des im 17.  Jh. verwendeten Weitschiffes kam auf und dürfte in den genannten Häfen zu finden gewesen sein.

 
Weitschiff nach Witsen 1671, aus Kühn (1999) - dort mehr zu Schiffstypen im Gebiet Eiderstedt.

Unter diesen Bedingungen wurde 1612 mit dem Bau der Süderbootfahrt von Garding nach Katingsiel begonnen, Katingsiel wurde zur Hafenausfahrt der Stadt Garding, aber auch zum eigenständigen Hafen. Fischer (1956) zitiert Saxus Grammaticus (1637):  beim Bau der Süderbootfahrt wurde das Katingsiel durch "eine gewaltige Schleuse i[m] [K]atinger See-[D]eich" ersetzt. Das Bauwerk dürfte in den Größe dem heutigen, uns klein erscheinendem, Siel ähnlich gewesen sein, aber als Baukunst damals dem heutigen Eidersperrwerk im Range mindest gleich gewesen sein.

Diese wichtige Rolle des Hafens Katinger Siel hielt nur kurz an, denn zeitgleich wurde zum Tönninger Hafen die Norderbootfahrt erbaut und diese wurde bald darauf mittels eines Querkanals mit der Süderbootfahrt verbunden. Hiernach wurde der Hafen Tönning zu "dem" Seehafen Eiderstedts.

Zurück zum Heute:

Die Schankwirtschaft Andresen entstand vermutlich knapp hundert Jahre später als Hafenkneipe und Postwechselstation. Die sorgsam erhaltene Inneneinrichtung vermittelt beim Besuch eine Atmosphäre, die zumindest in Details bis an das vorletzte Jahrhundert heranführt und einläd sich den Handelshafen Katingsiel vorzustellen.

Die anderen Gebäude binnenseitig des Deiches sind zu Wohnhäusern umgebaut. Das Zollhaus steht am meisten binnenseits zurück, im Äußeren noch wiedererkennbar ist das später als Erweiterungsbau und Lager errichtete Gebäude direkt gegenüber der Schankwirtschaft. Sie gehörten zusammen zu mit weiteren Gebäuden auf der westlichen Seite der Straße, die heute nicht mehr erhalten sind.
 

Literatur und Quellen:

Fischer, Otto (1956): Eiderstedt. Teil III, Bd. 3 in Müller & Fischer "Das Wasserwesen an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste". Berlin. (S. 156ff)
Sax, Peter (1637): Annales Eiderstandensium. (hier nach Fischer)
Jürgens, A (1914): Zur schleswig-holsteinischen Handelsgeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts. Berlin.
Kühn, Hans Joachim  (1999): Gestrandet bei Uelvesbüll. Wrackarchäologie in Nordfriesland. Husum.

Mündliche Hinweise von:
Wenke und Wilhelm Andresen, Susanne und Jo Starkgraff (1998-2000)
 


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